Philosophie

Übersetzer — Übersetzung — Transformation

Das Übersetzen ist ein kommunikativer Prozess, der im Alltagsleben auf der ganzen Welt schon immer stattgefunden hat. Der Beruf des Übersetzers hingegen wird in den modernen Gesellschaften häufig mit Geringschätzung bedacht und dabei unterschätzt.

Der Übersetzer ist kein beruflicher Abenteurer, der mehrere Sprachen beherrscht und sich auf ein unbekanntes Terrain begibt, ohne genau zu wissen, was sich eigentlich hinter dem Beruf verbirgt. Das Studium der Übersetzungswissenschaften dauert international in guten Universitäten mindestens 4 Jahre und beschäftigt sich nicht nur mit der Vermittlung von Fremdsprachen-Kenntnissen, sondern auch mit den zugehörigen Kulturen und ihrer Geschichte. In Brasilien wird der Beruf gesetzlich anerkannt, ohne dass man dafür allerdings ein Hochschulstudium nachweisen muss. Wenn ein Anwärter die aufwendige Aufnahmeprüfung für die Stelle eines vereidigten Übersetzers besteht, erhält er den Titel und die Akkreditierung auf Lebenszeit.

In der Schweiz kann der Beruf von Ausländern ausgeübt werden, welche ihr Studium in Brasilien abgeschlossen haben und zugleich die Voraussetzungen des Schweizerischen Übersetzer-, Terminologen- und Dolmetscher-Verbandes (ASTTI) erfüllen. Das Aufnahmeverfahren ist langwierig und seriös. Die Institution arbeitet effizient, die Spezialisten sind gut ausgebildet und üben ihren Beruf satzungsgemäss aus.

Häufig ist gar nicht bekannt, dass eine Lizenz erforderlich ist, um den Beruf des Übersetzers und Dolmetschers auszuüben. Die ASTTI-Mitglieder werden übrigens auch von anderen ausländischen Institutionen anerkannt, so z.B. von der brasilianischen Übersetzer-Gewerkschaft Sintra.

Bei der Übersetzung eines Dokuments entsteht ein Vertrauensverhältnis, in dem eine Kompetenz gefordert wird, die man nicht einfach aufgrund blosser Mehrsprachigkeit besitzt. In der mehrsprachigen Schweiz wird der Stellenwert des Sprachspezialisten leider häufig verkannt und dem Beruf folglich oft nicht die gebührende Anerkennung entgegengebracht.

Mein Diplom als Dolmetscherin, Übersetzerin und Sekundarschullehrerin für Deutsch und Portugiesisch habe ich 1985 an der Ibero-Amerikanischen Falkultät in meiner Heimatstadt São Paulo erlangt. In der Schweiz war ich in den letzten 18 Jahren für mehr als 1’200 Mandanten als Übersetzerin und Dolmetscherin im Einsatz. Daher fühle ich mich kompetent genug, um über meinen Beruf zu sprechen.

Meine mehrjährigen Erfahrungen als Sprachlehrerin in Köln sowie die Faszination für die deutsche Sprache sind weitere Beweggründe, weshalb ich meinen Beruf nach einer langen Babypause in der Schweiz wieder ergriffen habe.

Deborah BiermannDoch in meinem täglichen Berufsleben werde ich nicht nur durch meine technische Ausbildung angetrieben. Vor allem meine Neugier und mein Interesse an anderen Menschen und Kulturen haben mich dazu gebracht, meine berufliche Leistung in einer multikulturellen Welt nicht auf eine reine Transformation von Wörtern zu beschränken, die von einem Kontext in einen anderen, den endgültigen, übertragen werden.

Ich betone noch einmal, wie wichtig es ist, den Beruf des Dolmetschers und Übersetzers ernstzunehmen. Das Übersetzen ermöglicht die Kommunikation zwischen verschiedenen Parteien, vermittelt Informationen, die nicht allgemein zugänglich sind. Es demokratisiert den Kontakt zwischen Menschen unterschiedlicher Muttersprache, Herkunft oder sozialer Position. Vielfach übernehmen Dolmetscher und Übersetzer eine hohe Verantwortung gegenüber ihren Mandanten, so etwa auf Ämtern, vor Gericht oder an Schulen. Wohl dem, der auf Kompetenz setzt und nicht auf einen der vielen Scharlatane hereinfällt…